Mit dem Aufstieg Eberswaldes zum Herrschaftsort des Brandenburgischen Markgrafen Albrecht II. wuchs die Bedeutung der Stadt. Neben dem repräsentativen Ausbau der Stadtkirche St. Maria-Magdalena ist auch die administrative Verlegung eines bedeutenden Handelsweges über Eberswalde ein Hinweis darauf, was 1317 mit einer markgräflichen Urkunde besiegelt wurde (1). Der zunehmende Verkehr auf dieser Straße, die auch am nahegelegenen Kloster Chorin vorbeiführt, bildete schließlich eine wichtige Grundlage für die Gründung des Hospitals St. Georg vor den Toren der Stadt.
Das genaue Datum der Gründung ist unbekannt. 1359 wurde erstmals ein Altar in der Leprosen-Kapelle St. Georg erwähnt (2). 1360 erfolgt eine weitere Stiftung für diesen Altar (3). Im Jahr 1370 war die Kapelle bereits finanziell so gut ausgestattet, dass sie zum Turmbau der Eberswalder Stadtkirche Geld zur Verfügung stellen konnte (4).
Auch für den Bau der Hospitalkapelle – heute das einzige erhaltene Gebäude des Hospitals – fehlen schriftliche Quellen. Friedrich Alder datiert diesen Bau wegen seiner „einfachen und strengen Bauformen“ sowie der „vorzüglichen Technik“ in die Mitte des 14. Jahrhunderts (5), eine Einschätzung, die auch spätere Autoren wie die Bearbeiter der Denkmaltopographie oder des Handbuches der Deutschen Kunstdenkmäler teilen (6).
Eine genauere Datierung de Kapelle wurde erst durch jüngste dendrochronologische Untersuchungen möglich, denn trotz vieler Kriege und der Lage vor den Toren der Stadt blieb das bauzeitliche mittelalterliche Dachwerk der Kapelle erhalten, welches bald nach 1381 errichtet wurde (7).
Die kleine Kapelle ist ein eleganter zweijochiger Backsteinbau mit dreiseitigem Ostabschluss. Zusammen mit der Westwand entstand ein kleiner schlanker Glockenturm. Das spitzbogige Westportal mit profiliertem Gewände dürfte zur Zeit des Hospitals der Zugang für das Laienpublikum gewesen sein. Das ebenfalls mit einem profilierten Gewände ausgeführte Südportal führte zu den einstigen Hospitalgebäuden. Die bauzeitlichen Strebepfeiler weisen auf die von vornherein bestehende Absicht der Einwölbung der Kapelle. Die vorhandenen Kreuzrippengewölbe besitzen Reliefschlusssteine und Konsolen aus Backstein, allerdings gingen einige der originalen Konsolen verloren und wurden in Mörtelstuck ergänzt. Die Innenwände besitzen zwölf segmentbogenförmige Wandnischen, eine Zahl die unter anderem auf die Anzahl der Apostel verweist, die auch als Vorbild für Hospitalgemeinschaften diente.
Von der erst nach 1900 von einer weißen Fassung verdeckten mittelalterlichen Ausmalung mit Maßwerkornamenten sind bisher nur wenige Reste freigelegt worden.
Erste Besucher der in der Reformation säkularisierten und später als Magazin genutzten Kapelle verewigten sich durch nachträglich in das westliche Portalgewände geritzte Inschriften. Die ältesten Inschriften entstanden im 17. oder 18. Jahrhundert, eine weist die Jahreszahl 1829 auf.
1929/30 wurde der Kappellenraum repariert und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Die nächsten Reparaturen erfolgten 1950 und 1955 im Zusammenhang mit der Nutzung durch das städtische Museum. Die vorhandenen farbigen Glasfenster wurden bei der Sanierung 1972 eingefügt, mit der die Kapelle als kleiner Konzertraum eingerichtet worden ist. 1993 und 2020 kam es zu weiteren baulichen Sicherungen der Kapelle.
Text: Dirk Schumann
(1) Hermann Krabbo, Georg Winter: Regesten der Markgrafen von Brandenburg aus askanischem Hause. Selbstverlag d. Vereins f. Gesch. d. Mark Brandenburg, Leipzig, 1910-1928, S. 751f.
(2) Adolph Friedrich Riedel: Codex diplomaticus Brandenburgensis, Teil 1, Band 12, Berlin 1857, S. 300.
(3) Ebenda, S. 301 sowie Rudolf Schmidt, Geschichte der Stadt Eberswalde, Bd. 1, Eberswalde 1939, S. 54.
(4) Ebenda, S. 54.
(5) Vgl. Friedrich Adler, Mittelalterliche Backsteinbauwerke des preußischen Staates, Bd. 2, Berlin 1898, S. 60 sowie Rudolf Schmidt, Geschichte der Stadt Eberswalde, Bd. 1, Eberswalde 1939, S. 53.
(6) Vgl. Ilona Rohowski (Bearbeiter): Denkmale in Brandenburg, Landkreis Barnim, Stadt Eberswalde, Band 5.1, Denkmaltopographie der Bundesrepublik Deutschland, Worms 1997, S. 146 sowie Georg Dehio: Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler, Brandenburg, Berlin und München 2012, S. 266.
(7) Dirk Schumann, Baubestand und Baugeschichte der Kapelle St. Georg in Eberswalde, Typoskript 2021.